Wenn Schulkinder schon zur Universität gehen
vom 24.04.2013
An der Eichendorffschule erfuhren die Sechstklässler, wie wichtig es ist, vernünftig mit den Ressourcen umzugehen.
Stefan Rötzel beginnt die Vorlesung gerne mit ein paar einfachen Fakten, die jeder schon mal gehört hat. Zum „Eingrooven“ erläutert er, warum es eher unklug ist, Regenwälder abzuholzen, ohne dafür zu sorgen, dass neuer Baumbestand nachwächst. Dann erklärt der Experte Begriffe wie Nachhaltigkeit und führt dazu gern leicht durchschaubare Experimente durch. So kommt es wohl häufiger vor, dass der Forscher zur Belustigung der Schüler an einem Schlauch saugt - so lange, bis das Wasser aus einem Kugel-Aquarium stetig in einen Plastikbehälter fließt, der unter dem Tisch steht. Die Kugel steht für eine Ressource, wie Seefisch. Dass man sich nicht ewig lange davon bedienen darf, ohne für Nachschub zu sorgen, leuchtet jedem so unmittelbar ein.
Rötzel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Umweltsystemforschung der Uni Kassel. In ganz Hessen hält er regelmäßig Vorlesungen vor Schülern aus unterschiedlichen Klassen und Schulformen, gefördert vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie. Im Sinne von einer „Kinder-Uni“ sollen die Schüler einen Einblick in Problemstellungen erhalten, mit denen sich die Forscher konkret beschäftigen. Dabei ist es Rötzel wichtig, dass nicht nur einzelne Aspekte betrachtet werden. Die Kinder sollen verstehen, dass Veränderungen auf ganz verschiedenen Ebenen Auswirkungen haben: So erklärte er den Siebtklässlern der Eichendorff-Schule etwa, dass die Lösung gegen Wasserverschmutzung durch Industrie nicht unbedingt nur in schärferen Gesetzen zu suchen ist. Solche Maßnahmen könnten bewirken, dass die Industrie einfach wegzieht und damit nicht nur verschmutztes Wasser, sondern vielleicht soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit hinterlässt.
Noch genug Probleme
Man sollte einen cleveren Weg finden, der neben dem Umweltschutz verschiedene Interessen berücksichtigt. Kinder wüssten zwar schon einiges über Umweltschutz, aber es dauere eine Weile, bis sie das Prinzip der Nachhaltigkeit verstanden hätten, erklärt Rötzel. Der 36-Jährige hofft, dass er seinen jungen Zuhörer nicht nur vermitteln kann, wie spannend es ist, an solchen komplexen Problemen zu arbeiten. Er will sie ein bisschen für ihre eigene Zukunft zu sensibilisieren. Auf persönlicherer Ebene - wenn es darum geht, welchen beruflichen Werdegang sie vielleicht mal einschlagen möchten - sowie allgemein: „Freut euch auf die Zukunft, es gibt noch genug Probleme, für die Lösungen gefunden werden müssten“, lautet Rötzels Motto.
Bei den Schülern kam dieser Einblick in die Forschung gut an. Einen positiven Eindruck hatten auch Lehrer wie Torsten Geier. Er mochte nicht nur, dass das Ganze etwa wegen der medialen Unterstützung durch den Beamer und den Experimenten einen Event-Charakter hatte. Geier konnte bei seinen Sechstklässlern auch feststellen, dass sie vieles verstanden haben. „Da kam einiges rüber.“ Dass Rötzel so viel aus der Praxis berichten konnte, unterschiedliche Disziplinen miteinander verband und diverse Beispiele sowie Experimente gebracht hat, fand der Lehrer besonders gut.
(Melanie Taylor)