Schulsozialarbeiterin: Kumpel und Respektsperson
vom 12.01.2015
Was die Schüler mit der Sozialarbeiterin besprechen, bleibt unter vier Augen. Oft geht es um die Schule, die Familie und um die erste Liebe.
Die Ferien sind vorbei, die Zeugnisse stehen bevor: Zwei Gründe, weshalb die Eichendorffschüler dieser Tage vielleicht nicht ganz so glücklich an die Lorsbacher Straße kommen. Ob damit Julia Holewa automatisch mehr Arbeit hat? Die 28-Jährige kann nicht die Kristallkugel lesen, zudem hat sie noch keine Erfahrungswerte. Denn das junge „Nordlicht“, das in Hamburg geboren wurde, ist erst nach den Herbstferien als Sozialarbeiterin an die Eichendorffschule (EDS) gekommen und hat sich gerade einmal halbwegs eingearbeitet.
Das sei alles ziemlich schnell gegangen, erinnert sich Julia Holewa zurück. Sie arbeitete nach dem Studium der Sozialen Arbeit in Fulda in ihrem Anerkennungsjahr zunächst bei der Interventionsstelle der Schwangerschaftsberatung in Mayen (Rheinland-Pfalz), als sie die Stellenanzeige der EDS in Münster las. Die habe sie gleich interessiert, zumal sie während des Studiums schon in einem Kinder- und Jugendtreff gearbeitet habe. So bewarb sie sich in Kelkheim, stellte sich am Freitag vor den Herbstferien in der Schule vor und erhielt am Freitag vor Ferienende die frohe telefonische Kunde: Sie soll Nachfolgerin von Aspe Rosenberg werden, die schon im Frühjahr nach einigen Jahren an der Schule zum Main-Taunus-Kreis gegangen war.
Julia Holewa lebt sich an ihrem neuen Arbeitsplatz ein.
Sie muss für die Schüler Kumpel und Respektsperson sein. (Foto: Knapp)
Heimisch geworden
In Diedenbergen ist Julia Holewa heimisch geworden. Der Umzug ins Hessenland sei kein großer Schock gewesen, da sie in Fulda ja einige Jahre verbracht habe. Doch an eine Schule musste sich die Sozialarbeiterin, die nach eigenen Worten früher selbst vor allem in Bio und Deutsch ordentliche Noten abgeliefert hat, wieder gewöhnen. „Das ist wie so ein kleiner Ameisenhaufen hier. Ich musste erst einmal die ganzen Strukturen durchblicken. Aber das wird jetzt so langsam. Und es ist ein ganz schöner Lärmpegel hier“, hat sie festgestellt. In der dritten Woche der Weihnachtsferien war sie schon wieder in ihrem Büro im zweiten Stock des Hauptschulzweiges — auch um Unterlagen zu sichten und sich auch noch ein wenig gemütlicher einzurichten.
Ein kleines Sofa lädt die Schüler, Lehrer und Eltern schon zu Gesprächen in gelockerter Atmosphäre ein. Denn bisher war die Einzelfallhilfe der Schwerpunkt ihrer noch kurzen Arbeit. „Die ersten zwei Wochen waren Schonfrist“, ist sie dankbar. Doch danach haben vor allem die Mädchen und Jungen das Gespräch mit ihr gesucht. Da geht es um die erste Liebe, um schulische und private Probleme. Reden darf sie nicht darüber, Julia Holewa unterliegt der Schweigepflicht. „Nur wenn Schüler hochgefährdert sind“, dürfe sie gegen deren Willen andere Beteiligte einschalten. Und die Sozialarbeiterin räumt ein, dass es auch an der EDS schon „extreme Sachen“ gegeben habe.
Projektarbeit
Ihr zweites Standbein ist die Projektarbeit, doch hier sei der Startschuss noch nicht gefallen. „Ideen habe ich viele. Aber ich muss mich erstmal in die Sachen reinarbeiten“, sagt sie. Sicher sei aber, dass es bewährte Aktivitäten wie das Gewaltpräventionsprojekt in Kooperation mit der Polizei oder die Berufsorientierungstage in Zusammenarbeit mit der Stadt weiterhin geben wird. Auch an der dritten Säule der Schulsozialarbeit, deren Träger der Verein Jugendberatung und Jugendhilfe (JJ) ist und an deren Finanzierung sich der Kreis beteiligt, muss die neue Kraft sicher noch intensiver arbeiten, denn die Netzwerkarbeit spielt eine große Rolle. Doch hat Julia Holewa noch längst nicht alle ihre „Mitspieler“ kennengelernt. Einen engen Austausch gibt es aber bereits mit Christina Nisch, der Schulsozialarbeiterin an der Gesamtschule Fischbach.
Insgesamt ist Julia Holewa mit ihrem Start an der EDS zufrieden. Gerade den Hauptschülern habe diese Anlaufstelle „sehr gefehlt — die waren hellauf begeistert, dass wieder jemand da ist“. Dort ist sie begleitend mit im Unterricht dabei, etwa in der Koch-AG des Hauptschulzweiges. Nach einer recht langen Vakanz sei es wichtig, eine solche Stelle wieder zu besetzen. Sie sieht sich in der „Vermittler“-Rolle, denn sie weiß mit Blick auf die Jugendlichen: „Mit den Lehrern spricht man nicht unbedingt.“ Dennoch sei es wichtig, „eine gewisse Autorität auszustrahlen“ und die „Gratwanderung zum Kumpeltypen“ zu meistern. Keine Frage: Naturmensch Julia Holewa, der gerne Sport macht, ist angekommen hier in der EDS am Waldrand von Münster: „Diese Aufgabe ist unglaublich abwechslungsreich. Man weiß nie, was auf einen wartet, wenn man morgens in die Schule kommt.“
(wein)