Moderner Schinderhannes braucht Handys
vom 03.08.2017
Ein Spaziergang an der Gundelhardt mit dem Handy in der Tasche - in diesen Tagen eine gefährliche Sache. Denn hier lauerten Schinderhannes und seine Gesellen, weil die Bande sich modern aufrüsten wollte: Mit Handys. Also: Nicht mehr einfach nur „Geld her oder das Leben“, sondern im modernen Gangsterstil „Handy her oder das Leben“.
Nun, Schinderhannes ist längst Geschichte wie auch die Taten des Schwerverbrechers, der auf dem Richtblock einen Kopf kürzer endete. Dass er jetzt fröhlich wieder auferstehen konnte, ist Lehrern und den 15 Schülern einer Intensivklasse der Eichendorffschule zu verdanken. Sie drehten den modernen Schinderhannes – aber nicht denn erfolgreichen Räuber, sondern die Geschichte der Verbrecherbande, die anständigen Menschen Böses antut und entsprechend endet.
Es kam zu dieser Idee, weil Stefan Haid, Chef der Eichendorffschule mit Besorgnis sah, dass junge Flüchtlinge und Migranten in den Ferien zu Hause nur ihre Herkunftssprache sprechen, so aber schnell wieder vergessen, was sie im Unterricht gelernt haben: nämlich Deutsch. Die Mädchen und Jungen befinden sich dann unter Umständen auf einem niedrigeren Sprachniveau als am Ende des Schuljahres. Und so wurde die Idee für ein zweiwöchiges Kelkheimer Sprach-Sommercamp geboren. Mit Hilfe der Medien Video und Kunst – drei Lehrer der Schule sind dabei – werden die Geschichten des Schindhannes künstlerisch umgesetzt, um die sprachliche Kompetenz der Schüler zu erweitern. Dass damit den Migranten ein Stück hessischer Heimatgeschichte nahegebracht wird, ist ein Vorteil der Sache. Und immer auch der Hinweis: Leute, so geht es nicht. Aber die Schinderhannes-Story verlockt eben...





Vierzehn Tage in den Ferien, auch so etwas muss finanziert werden. So kümmerte sich Stefan Haid um einen Zuschuss aus dem Topf der Stiftung für Flüchtlingskinder „Kinder Lachen“ und machte Landrat Michael Cyriax in einem Gespräch auf die Pläne und Ideen aufmerksam. Rund 2.000 Euro kamen vom Förderverein der Schule, sodass die erforderlichen 7.000 Euro flossen. Sponsoren finden, immer eine schwere Aufgabe, weiß Stefan Haid, aber er freut sich auch immer wieder über Zusammenarbeit und Aufgeschlossenheit der Kelkheimer, wie zum Beispiel Rotary Club, Firmen und andere Kelkheimer Helfer.
Übrigens: Es gab auch eine andere Hürde zu überwinden: Die Betreuer der Drittklässler waren auch unterwegs, um die Eltern der Mädchen und Jungen davon zu überzeugen, dass ein solches sommerliches Sprachcamp durchaus nützlich ist und vor allem: Dass dafür auch die Sommerferien sprachlich produktiv genutzt werden können.