Ein besonderer Helfer
07.01.2016
Als Kind musste Murtaza Hosseini selbst aus Afghanistan flüchten — es war dort zu gefährlich. Er erlebte einen Bombenangriff auf das Haus seiner Familie. Jetzt hilft der 15-Jährige selbst anderen, die ihre Heimat verlassen mussten.
Der Junge ist wirklich überall: Er begrüßt die Gäste der Weihnachtsfeier in der Paulusgemeinde an der Tür per Handschlag, schaut beim Büfett mit nach dem Rechten — und hat zwischendurch gerne auch Zeit für ein kurzes Interview mit dem Kreisblatt. Murtaza Hosseini ist zwar „nur“ einer unter den mehr als 70 Flüchtlingshelfern in der Stadt — aber eben schon ein ganz besonderes Heinzelmännchen. Denn der Hornauer ist erst 15 Jahre hat und hat bereits als 13-Jähriger mit der Unterstützung der Asylbewerber begonnen. Inzwischen hat er sogar schon „Karriere“ gemacht im Team, ist sogenannter Co-Koordinator in der neuen Unterkunft „Mitte 2“ an der Frankfurter Straße, in der 76 Menschen leben.
Sie kommen vor allem aus Syrien und Afghanistan — und mit ihnen kann sich Murtaza bestens verständigen. Schließlich ist er selbst Afghane und vor sieben Jahren nach Deutschland geflüchtet. „Es war gefährlich in Afghanistan“, erinnert er sich nur ungern zurück. Mehr noch: Es habe einen Anschlag auf das Haus der Familie gegeben, und so habe er mit seinen Eltern und drei Geschwistern die Heimat verlassen müssen. Über die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen kamen die Hosseinis in die Unterkunft in Ruppertshain, inzwischen wohnt der junge Mann mit seiner Mama und den Geschwistern in Hornau.
„Ich bin selbst Flüchtling gewesen, kenne diese Situation“, sagt Murtaza zu seiner Motivation, seinen Landsleuten und anderen Geflüchteten helfen zu wollen. „Ich habe für mich gesagt, ich möchte helfen.“ Also klopfte er bei Mafalda Pinto-Schneider, Vorsitzende des Ausländerbeirats und Gründerin des „Runden Tisches Flüchtlingshilfe“ in Kelkheim, an. Seitdem gibt er Deutsch-Kurse. Auch in diesen Weihnachtsferien engagiert sich der Schüler und opfert dafür seine freie Zeit. Und in der neuen Unterkunft ist er sozusagen das Mädchen für alles, unterstützt bei den Fahrten, den Anmeldungen und wo einfach eine helfende Hand, ein aufbauendes Wort gebraucht wird.
„Man kriegt auch einiges zurück“, sagt der jüngste Kelkheimer Flüchtlingshelfer. Das Wort selbst mag er indes nicht so gerne: „Ich sehe die Menschen nicht als Flüchtlinge, ich sehe sie als unsere neuen Bürger und versuche, ihnen Starthilfe zu geben.“ Gerade im neuen Haus seien die ersten Wochen sehr anstrengend gewesen, viele Aufgaben für viele Menschen warteten. Inzwischen sei es ruhiger — was Murtaza aber nicht davon abhält, einen Großteil seiner Freizeit für dieses Engagement einzusetzen. Und zusätzlich ist er noch für die Jugendfeuerwehr Kelkheim aktiv. Die Schule leide nicht darunter, hebt er hervor. Er mag irgendwie auch alle Fächer, betont der Schüler der G9 der Eichendorffschule. Was er mal werden möchte? Irgendwas im Bereich IT mit Computern, antwortet er spontan. Nichts Soziales, was bei seinem Engagement ja auch gut passen würde? „Ja, das kann auch sein“, fügt Murtaza lachend hinterher.
(Weiner)