"Die angstfreie Atmosphäre ist wichtig"

logo_presse_hk  vom 03.03.2018

Werte im Berufsleben weitergeben — Verbindungslehrer Carsten Haubl der Eichendorffschule Münster im Gespräch mit dem Projekt Junge Zeitung.

Der Traum eines jeden Powi- und/oder Geschichtslehrers ist der selbstbewusste, politische Mensch, der sich positiv in die Gesellschaft einbringt, an die Demokratie glaubt und sie gegen radikale Angriffe von links und rechts verteidigt.“ Diese Werte liegen Carsten Haubl am Herzen. Er ist nicht nur Geschichts- sowie Politik- und Wirtschaftslehrer an der Eichendorffschule (EDS) Münster, sondern ebenfalls Verbindungslehrer. Das ist vergleichbar mit den Vertrauenslehrern an Schulen. Ziel seiner beiden Fächer ist politische Bildung. Das Weitergeben von humanistischen Werten findet er ebenfalls wichtig, damit Menschen versuchen, in ihrem Leben moralisch richtig zu handeln. Und dabei glaube er fest daran, dass Gemeinsamkeiten in der Gesellschaft betont und nicht immer auf Unterschieden rumgeritten werden sollte.

Das Amt

Die Aufgaben bestehen darin, bei Konflikten zwischen Schülern und Kollegen zu vermitteln, deshalb heißt dieses Amt offiziell „Verbindungslehrer“. Haubl erklärt: „Der Schülerrat hat mich gewählt, also mir quasi sein Vertrauen ,geschenkt‘.“ Erzwingen könne er das Vertrauen natürlich nicht, aber in der praktischen Arbeit könnten sich die Schüler im Vertrauen darauf an Carsten Haubl wenden, dass er diskret ist und auf keinen Fall Etwas unternehmen wird, das nicht mit ihnen abgesprochen ist.

Auf die Frage, wie Haubl versucht, Probleme aus dem Weg zu räumen, antwortet er, dass es wichtig sei, zu einer Lösung zu kommen, mit der beide Parteien zufrieden sind. Durch das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden Seiten müsse es zu so einer Lösung kommen, da sie anschließend wieder zusammenarbeiten müssen. Dabei ist gegenseitiger Respekt als Wert sehr wichtig. „Was mir bei dieser Arbeit hilft, ist die Tatsache, dass ich auch nur ganz normaler Kollege und eben kein Vorgesetzter bin. Nur so kann ich eine neutrale Position einnehmen.“

Verbindungslehrer 2018

Er setzt sich für die Schüler der EDS in Münster ein —
Carsten Haubl ist ein engagierter Verbindungslehrer.

Nicht in eine Ecke stellen

So verfolgt er die lösungsorientierte Vorgehensweise namens „No Blame Approach“, mit dem Ziel, Mobbing zeitnah und nachhaltig zu beenden. Die besondere Faszination des Ansatzes liegt darin, dass auf Schuldzuweisungen und Bestrafungen verzichtet wird.

Beleidigungen, die zu Mobbing führen, und in vermeintlich anonymen Räumen wie Instagram geäußert werden, sind ebenfalls Probleme, denen Carsten Haubl entgegenstehen muss. „Hier habe ich in letzter Zeit leider festgestellt, dass meine Wertvorstellungen deutlich früher Alarm schlagen, als die der Schülerinnen und Schüler“, bedauert er. „Die moralischen Grenzen haben sich hier offenbar leider verschoben. Oder es ist den Schülerinnen und Schülern einfach nicht bewusst, was sie mit ihren Posts anrichten.“

Fallen den Lehrern Probleme der Schüler oder zwischen den Schülern auf, suchen sie, laut Carsten Haubl, den Kontakt zu Tutor und Klassenlehrer. Auch die Zeit, die bei den Zeugniskonferenzen über einzelne Fälle und Probleme gesprochen wird, sei außergewöhnlich, und Kollegium und Schulleitung zögen hier an einem Strang, findet der EDS-Lehrer.

„Uns ist wichtig, dass möglichst niemand die EDS ohne Abschluss und Perspektive verlässt. In meinem Unterricht versuche ich, eine angstfreie Atmosphäre herzustellen“, sagt Haubl. So sollte niemand Hemmungen haben, etwas zu sagen, weil er hämische Kommentare der Mitschüler befürchte. Und Lachen ist natürlich auch was Schönes.

Kein „Nine-to-five-Job“

„Wenn Schüler mit privaten Problemen zu mir kommen, geht mir das natürlich besonders nahe“, gibt Haubl offen zu. „Ich kann dann oft nur beraten, weil meine Mittel begrenzt sind. Ich bin ja kein Experte für alles und kann dann nur weitervermitteln.“ Kompliziert seien vor allem Probleme zu Hause im privaten Bereich, da Carsten Haubl schließlich nicht in die Familien rein gehen kann. „Man kann nicht einfach aus der Schule gehen, ohne diese Probleme mit nach Hause zu nehmen“. Für ihn ist es kein „Nine-to-five-Job“.

(VON UNSERER PJZ-AUTORIN LYDIA ROUSSELANGE)