Des Onkels Rat einfach ignoriert
vom 17.02.2014
Stefan Haid wollte Lehrer werden, obwohl es damals keine Stellen gab – nun ist er Leiter der Eichendorffschule.
Der 48-Jährige war zuletzt an einen Einrichtung in Kalifornien und unterrichtete zuvor an der Carl-von Weinberg-Schule in Goldstein sogar Olympiasieger.
Der Mann ist Sportler durch und durch. Und doch: Ein bisschen Nervennahrung mit reichlich Zucker darf’s schon mal sein. Stefan Haid lädt jeden Gast in seinem neuen Büro in der Eichendorffschule erstmal zu einer Portion Gummibärchen ein. Dazu passend hängen ein paar rote Bären an der Wand — die seien noch von seinem Vorgänger Volker Stender-Mengel, sagt der neue Schulleiter — und sie sollen auf jeden Fall hängen bleiben. Stefan Haid hat sich bereits eingerichtet in seinen vier Wänden, die nun sein berufliches Zuhause sind. Seit knapp zwei Wochen ist er der Chef von rund 1300 Schülern (wir berichteten).
Er sei in Münster schon gut angekommen, wie der 48-Jährige im Gespräch mit dem Kreisblatt verrät (siehe „Auf ein Wort“). Als Kind der Rhein-Main-Region kennt sich Haid hier bereits gut aus — und doch war sein voriger Job tausende von Kilometern entfernt. Der in Stuttgart geborene und in Rödermark aufgewachsene Pädagoge war zuletzt drei Jahre stellvertretender Schulleiter an der German International School of Silicon Valley. „Das war natürlich ein Sweet Spot, da wollen alle hin“, sagt Haid über seinen „süßen“ Arbeitsplatz in Kalifornien. An der „kleinen, wachsenden Schule“ fühlte er sich wohl, vom Kindergarten bis zur Oberstufe waren die rund 550 Schüler auf drei Campi verteilt. „Wir hätten verlängern können“, berichtet Haid. Doch der Familienrat mit Ehefrau Sabine Isenberg und Tochter Amelie (8) entschied sich für eine Rückkehr nach Deutschland. Ebenso wie drei Jahre zuvor beschlossen wurde, ins Ausland zu gehen. „Ein Wechsel im System ist immer etwas Sinnvolles“, findet Haid. An der Carl-von-Weinberg-Schule in Goldstein, wo er 13 Jahre war, habe er „nicht in Pension gehen wollen“.
Dass es nun die EDS wurde — das hat Haid auch der Entwicklung dort zu verdanken. Wäre aus der Gesamtschule ein Gymnasium geworden, wie politisch zum Teil in Kelkheim gefordert wurde — für den 48-Jährigen wäre das Haus „kein Thema gewesen“. Er kam von Gesamtschulen und wollte dort wieder hin. Für ihn soll es „eine Schule für alle Schüler“ sein. Natürlich spiele der gymnasiale Zweig in Münster eine wichtige Rolle, „aber es gibt auch andere Kinder und Jugendliche“, betont Haid.
Ebenso klar war für den Sportfan schon als Jugendlicher, dass er Lehrer werden möchte. Im Schwimmverein engagierte er sich als Trainer. „Da habe ich gemerkt, das liegt mir.“ Auch wenn sein Onkel, der beim Arbeitsamt tätig war, abgeraten hatte: „Das ist nix. Da gibt es keine Stellen.“ Der Neffe ignorierte die Warnung, studierte in Darmstadt Mathematik, Sport und Politikwissenschaften auf Lehramt und merkte bei den Praktika: „Das passt.“ Seine frühe Entscheidung für den Beruf sei „aus dem Bauch und dem Herzen“ gekommen. Und doch wurde sie auf eine Probe gestellt: Nach dem Referendariat am Schuldorf Bergstraße in Seeheim-Jugenheim, der ersten Gesamtschule Deutschlands, gab es keine Stellen mehr. „Da hat mein Onkel wohl Recht gehabt“, blickt er zurück — und fand glücklicherweise einen Job als Bildungsreferent im Bundesverband der DLRG-Jugend.
Bis die Weinberg-Schule in Goldstein rief: Dass der Sport die Hauptrolle spielt, wusste Haid damals nicht wirklich. Er half als späterer Oberstufenleiter mit, diesen Schwerpunkt weiter auszubauen. So mancher späterer Olympiasieger und Weltmeister hatte bei ihm Unterricht — sei es Hockeyspieler Carlos Nevado oder Hammerwerferin Betty Heidler. Mit ihnen habe er zum Beispiel Tango in den Sportstunden getanzt, erzählt Haid.
Als Sportnarr war er an der Weinberg-Schule bestens aufgehoben. Haid selbst hat es als Schwimmer immerhin zum Hessischen Jahrgangsbesten über 100 Meter Brust gebracht und war mal über 200 Delfin gegen Michael Groß geschwommen. Später spielte er noch Basketball. Heute geht Haid Skifahren und Joggen, das „Kacheln zählen“ beim Schwimmen sei nicht mehr sein Ding. Dennoch freute er sich beim ersten Besuch in Münster, dass das Schwimmbad gegenüber ist. Und Fußball? Den Volkssport Nummer 1 mag er schon: „Ich finde, die Eintracht muss in der Liga bleiben.“ Dass Münster Handball-Hochburg ist, das habe er an der Weinberg-Schule miterlebt.
Offen lässt Haid, ob er noch einmal in die Funktionärs-Schiene zurückkehren will. Er war Vorsitzender der Sportjugend Hessen und im Hessischen Jugendring. Die Verknüpfung zwischen Schule und Verein sei ihm wichtig — gut möglich, dass dies an der EDS eines seiner zentralen Themen wird.
(Frank Weiner)