An der EDS steht Debattieren auf dem Stundenplan
vom 07.03.2016
Weil dort zu aktuellen Themen mit Pro und Contra diskutiert wird, haben sich jetzt einige Schülerinnen für den Landesentscheid von „Jugend debattiert“ qualifizieren können.
Sollten die Menschen bei Wahlen ihre Stimme auch in Einkaufszentren abgeben dürfen? Eine sehr abstrakte Frage zwar, die aber doch genug Diskussionsstoff bietet. Und so haben sich Lisa Henties und Simone Kuhn von der Eichendorffschule (EDS) akribisch auf einen verbalen Schlagabtausch zum Thema vorbereitet — ohne vorher zu wissen, ob sie die Pro- oder die Contra-Position einnehmen sollen. Mit Erfolg: Beim Regionalentscheid des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ waren die 16-Jährigen in Königstein im Finale dabei und behaupteten sich gegen die Konkurrenz aus drei Schulen der Kurstadt prächtig. Lisa hat als Zweite direkt den Sprung zur Qualifikation für die Hessenmeisterschaften erreicht, Simone darf als Vierte noch hoffen. Ebenfalls beim Landesentscheid mit dabei ist Luisa Mansky (14) aus der 9. Klasse, die in ihrer Kategorie ebenfalls Rang zwei belegte.
Das fundierte Debattieren wird an der EDS in Münster schon seit vielen Jahren gepflegt. Die Erörterung sei Teil des Lehrplans in Deutsch, sagt Manfred Schneider-Weiffenbach, Deutschlehrer und Leiter der Oberstufe. Und was gebe es Besseres, als diese Aufgabe anhand von aktuellen Stoffen zu bearbeiten und damit gesellschaftliche Themen aufzugreifen. Da wird dann darüber diskutiert, ob Schüler mit ihren Lehrern über soziale Netzwerke Kontakt haben sollten, ob gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren können oder sonntags die Geschäfte öffnen dürfen.
Lisa H. (linkes Foto, links) und Simone K. debattieren für den Fotografen.

Luisa M. (Zweite von rechts) beim Regional-Finale in Königstein.
Perfekt vorbereitet
Zunächst gibt es bei „Jugend debattiert“ die interne Runde in der Klasse. Zwei Schüler qualifizieren sich fürs Halbfinale an der Schule. Da ging es an der EDS dieses Mal um die Frage: Soll der Organspendeausweis für alle verpflichtend sein? Im Finale treten die vier besten Debattierer in zwei Altersklassen vor großem Podium gegeneinander an. Zuletzt mit dem aktuellen Thema: Soll es eine Integrationspflicht für Flüchtlinge geben? Schließlich landeten Lisa, Simone und Luisa beim Regio-Finale in Königstein und diskutierten, knapp eine Woche vor der Kommunalwahl, über die Erweiterung des Wahlrechts. Da Vorbereitung bei „Jugend debattiert“ viel wert ist, fragten sie ihre Politik-Lehrer aus und schauten bei der Grünen-Bundestagsabgeordneten Kordula Schulz-Asche aus Eschborn vorbei. So „munitioniert“ ging’s in die Nachbarstadt — und nach dem Erfolg strahlt Schneider-Weiffenbach: „Wir haben uns gemessen mit den Königsteiner Schulen, die ja ein gesundes Selbstbewusstsein haben.“
Genau das ist es auch, was der Pädagoge an „Jugend debattiert“ mag. „Es geht hier darum, sich durchzusetzen und Mut zu haben. Auch mit der Gefahr, sich zu blamieren.“ Vor zum Teil 100 Schülern seinen Standpunkt bis zum Ende zu vertreten, obwohl er vielleicht im „richtigen“ Leben nicht der eigene ist, das fällt Lisa und Simone nicht schwer. „Man identifiziert sich mit der Recherche, auch wenn man vielleicht nicht persönlich überzeugt ist“, sagt Lisa. Simone nickt: „Im ersten Moment ist man vielleicht ein bisschen nervös.“ Doch mit entsprechender Vorbereitung funktioniere das ganz gut. Vor allem, wenn der schwere erste Teil, die Zwei-Minuten-Rede zum eigenen Standpunkt ohne Spickzettel, beendet ist. Danach geht’s in die offene Debatte, bis jeder noch einmal seine Schlussworte hat.
Dabei sei die Argumentation um jeden Preis gar nicht zwingend, weiß Schneider-Weiffenbach. „Jugend debattiert“ lasse ausdrücklich zu, dass „Pro und Contra nebeneinander stehen bleiben“. Es müsse keinen Sieger geben, die Meinungen müssten aber auch nicht „so betonmäßig“ aufeinanderprallen. „Warum kann man nicht sagen, mich hat das eine oder andere Argument überzeugt?“, erklärt der Oberstufenleiter. Ziel sei es letztlich ja auch, die Gesellschaft vielleicht gemeinsam ein wenig zu verändern.
So werde auch der Deutsch-Unterricht „lebendig“, wissen Schneider-Weiffenbach und die verantwortlichen Lehrer Natalie Pinsker sowie Carsten Heil. Der Wettbewerb sei ein „schöner Nebeneffekt“, dem sich die EDS als eine der wenigen Schulen im Main-Taunus-Kreis gerne stellt. So wie Lisa, Simone und Luisa, die jetzt ganz entspannt der Hessen-Quali im April entgegenblicken. Zuvor gehen sie nämlich noch ins „Trainingslager“. Dieses Wochenende steht ein professionelles Rhetorik-Seminar auf dem Programm, das der Lohn ihrer ersten Debattier-Erfolge war.
(wein)